Zum Vorliegen eines Befunderhebungsfehlers durch Unterlassen einer weiteren Röntgenaufnahme bei Behandlung in verschiedenen stationären Einrichtungen nach einem Unfall – OLG Köln, Urteil vom 20.12.2021 (Az.: I-5 U 39/21)
in: RöFo 06/2022, S. 681-684
Bereits frühere Beiträge hatten die zivilrechtliche Rechtsprechung zu den Anforderungen und Rechtsfolgen von Behandlungsfehlern bzw. Befunderhebungsfehlern zum Gegenstand, beispielsweise im Bereich des Mammographie-Screening (RöFo 11/2020, S. 1099 ff.).
Zum Befunderhebungsfehler auf dem Gebiet der Radiologie hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Köln mit Urteil vom 20.12.2021 (Az.: I-5 U 39/21) mit der interessanten Fragestellung befasst, ob das Unterlassen einer weiteren Röntgenaufnahme als grober Behandlungsfehler zu bewerten ist, wenn der Patient zur Behandlung in verschiedenen stationären Einrichtungen nach einem Unfall versorgt worden ist. Das OLG Köln nimmt insbesondere eine Abgrenzung zwischen grobem und einfachem Behandlungsfehler bzw. Befunderhebungsfehler vor. Diese Abgrenzung ist von entscheidender Bedeutung für die Frage, ob eine Umkehr der Beweislast vom Patienten auf den Behandler hinsichtlich der Kausalität des Behandlungsfehlers für den eingetretenen Gesundheits- schaden erfolgt (vgl. zuvor genannter Beitrag und § 630h Abs. 5 Satz 1 BGB). Außerdem prüft das OLG Köln, ob aus anderen Gründen eine Beweislastumkehr eintritt (vgl. § 630h Abs. 5 Satz 2 BGB). Von der Beweislast hängt regelmäßig der Ausgang des zivilgerichtlichen Prozesses ab, weil das Gericht gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden hat, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. Zweifel des Gerichts an einer Behauptung gehen zu Lasten der Partei, welche die Behauptung zu beweisen hat. Das Revisionsverfahren ist gegenwärtig bei dem Bundesgerichtshof (BGH) anhängig (Az.: VI ZR 6/22).